Hessische Richterverbände fordern Übertragung des Tarifergebnisses
Das Tarifergebnis im öffentlichen Dienst muss umgehend auf Richter und Staatsanwälte übertragen werden – Richterverbände: „Weitere Benachteiligung wäre untragbar.“
Das Ergebnis der hessischen Tarifverhandlungen sieht u.a. eine Erhöhung der Gehälter der Angestellten im öffentlichen Dienst um insgesamt 4,2 Prozent in den Jahren 2017 und 2018 vor. „Dieses Tarifergebnis muss umgehend auf alle Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie alle Beamtinnen und Beamten in Hessen übertragen werden“, erklärten überreinstimmend alle hessischen Richter- und Staatsanwaltsverbände. „Ein weiteres ‚Offenlassen‘ der Übertragung, wie es CDU-Innenminister Beuth wohl beabsichtigt, ist nicht akzeptabel.“
Zur Erinnerung: Während die Gehälter der Angestellten im öffentlichen Dienst in den vergangenen zwei Jahren um insgesamt 4,4 Prozent anstiegen, mussten die hessischen Richter und Beamten im Jahr 2015 zunächst eine Nullrunde hinnehmen. Seit 2016 gilt eine feste Erhöhung um lediglich 1 Prozent pro Jahr. Zudem wurde im selben Zeitraum die Beihilfe gekürzt. Hessen ist das einzige deutsche Bundesland, das seine Richter, Staatsanwälte und Beamten derart heftig benachteiligt. Kein anderes deutsches Bundesland hatte Besoldungsnullrunden; alle anderen Länder haben zumindest eine zeitversetzte oder wirkungsgleiche Übertragung der Tarifergebnisse vorgesehen. Es muss erwähnt werden, dass in den letzten Jahren beispielsweise die Abgeordnetengehälter im Verhältnis zur Besoldung von hessischen Richtern und Staatsanwälten deutlich stärker gestiegen sind. Nach Studien des Europarates liegt die deutsche Richterbesoldung im Vergleich zu den Durchschnittsgehältern des jeweiligen Landes teilweise bereits heute auf dem letzten Platz – noch hinter Albanien und Aserbaidschan. Danach ist Deutschland das einzige Land des Europarates, in dem die Besoldung von Richtern und Staatsanwälten unter dem Durchschnittseinkommen liegt.
„Die Unzufriedenheit der Kolleginnen und Kollegen wächst. Sollte das Tarifergebnis nicht zeitnah jedenfalls 1:1 übertragen werden, wird sich die Landesregierung der Frustration ihrer Richter, Staatsanwälte und Beamten stellen müssen“, so die hessischen Richter- und Staatsanwaltsverbände. „Die Landesregierung muss sich endlich hinter ihre Richter, Staatsanwälte und Beamten stellen und es nicht erneut ausnutzen, dass diese – anders als Angestellte im öffentlichen Dienst – kein Streikrecht haben.“
„Die hessische Landesregierung aus CDU und Bündnis 90/Die Grünen muss sich die Frage stellen lassen, welche Vorstellung sie vom Funktionieren einer unabhängigen Justiz heute und in Zukunft hat“, so die Richterverbände. Die seit Jahren schlechter werdenden Rahmenbedingungen führen zu einer fühlbaren Verschlechterung der Bewerberlage. Dabei zeigen gerade die aktuellen Beispiele in den USA und der Türkei nachdrücklich, wie wichtig und bedeutsam eine unabhängige und funktionsfähige Justiz für das rechtsstaatliche Gemeinwesen ist. Hessische Richter und Staatsanwälte sind bei der Bezahlung längst von Juristen anderer Berufe – auch solchen mit geringeren Qualitätsanforderungen – abgekoppelt. Immer weniger qualifizierte Nachwuchsjuristen sind vor diesem Hintergrund bereit, den verantwortungsvollen Beruf des Richters oder Staatsanwaltes bei der zeitgleich erheblich gestiegenen Belastung und deutlich schlechteren Ausstattung noch auszuüben. Nach den massiven Steuermehreinnahmen der letzten Jahre hat die Landesregierung keine Rechtfertigung, ihren Richtern und Staatsanwälten ein weiteres – verfassungswidriges – Sonderopfer abzuverlangen.
Das Bundesverfassungsgericht hat deutlich festgestellt, dass eine Abkopplung der Beamtenbezüge von der Lohnentwicklung im öffentlichen Dienst verfassungswidrig ist. „Eine nochmalige Schlechterstellung von Richtern und Staatsanwälten würden wir nicht hinnehmen“, erklärten die hessischen Richter- und Staatsanwaltsverbände geschlossen.